Zugegeben, wenn es an die haarigen Themen im Leben geht, stehe ich gerne in den Startlöchern für eine gepflegte Diskussion. Dann und wann wird dies zur Herausforderung, weshalb ich stets bemüht bin, mein Gegenüber nicht einfach nur zu beziegen. Ich schätze den anspruchsvollen Austausch von Fakten, Ansichten, Meinungen und mein Herz geht auf, wenn das verhältnismäßig ohne Emotionen auf Sachebene vonstattengeht, zumindest aber ohne Beleidigungen. Für manche Mitmenschen mag ein gepflegter Streit gleichzeitig Lebensqualität bedeuten und wird als reinigendes Gewitter empfunden – ich bin mir nicht sicher, ob ich dem ganz folgen mag. Bestimmt ist es so, dass sich hochkochende Emotionen früher oder später zu einem Punkt auftürmen, an dem man seinem Unmut Luft macht und Dinge auf den Tisch bringt, die schon lange unter der Oberfläche schwelen. Die Gefahr besteht dann darin, dass man zum Angriff übergeht und seinen Gegner eben zu besiegen versucht. Der Austausch kommt spätestens hier zum Erliegen, denn von da an geht es nunmehr um Macht und Ego-Themen sowie -wenn es ganz wüst wird- Selbstverteidung. Warum der Austausch auf Sachebene gerade in aktueller Zeit so oft scheitert, liegt überwiegend an der Angst, die vielen in den Knochen steckt und früher oder später zum bestimmenden Faktor wird. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit.
„Runter vom Kausal-Sockel oder: komm mit mir ins Aberglaubeland. [Update]“ weiterlesenWer sich nicht empört ist ein Schläfer oder: mehr Mittelweg tut Not.
Fragte man mich heute, welche Herausforderung während der bisher erlebten (und bislang überlebten) Corona-Pandemie mich die meiste Kraft, die größten Nerven und längste Kondition erforderte, so ist meine Antwort klar: Kontenance zu wahren. Als die ersten Berichte einer neuen viralen Infektionskrankheit aufkamen, hat man recht verhalten Nachrichten interpretiert und gehofft, dass es schon alles nicht so schlimm kommen wird. Bekanntlich irrt man sich im Leben und manches ist auch nicht vorherzusagen, auch wenn dies viele Menschen von anderen gerne einfordern. Spätestens als klar war, dass eine große Pandemie durch die Bevölkerung zieht und man teils zu unangenehmen Konzepten greifen muss, um eine unkontrollierte Seuche zu vermeiden, stellt sich heraus, dass man fast weniger sprachlos wegen der vielen Toten und Menschen mit Spätfolgen ist, als vielmehr wegen des Verhaltens großer Teile unserer Gesellschaft.
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